UVP-report 37 (2): 90-94 l 2023
Bericht zum Recht / Report from law
Das Recht der Umweltvertrüglichkeitsprüfung – zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Environmental Impact Assessment Law – between Ambition and Reality
Wolfgang Sinner
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DOI: 10.17442/uvp-report.037.09
Zusammenfassung
Seit dem letzten UVP-Kongress sind wichtige Entscheidungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ergangen. Das Bundesverfassungsgericht betont, dass die Grundrechte auch den Schutz der Umwelt für künftige Generationen umfassen und stellt damit einen direkten Bezug zur UVP her. Trotz dieser Entscheidungen ist kein positiver Trend für die UVP erkennbar. Vielmehr werden politisch gewollte Projekte ohne UVP realisiert, wie z. B. LNG-Terminals, Höchstspannungsleitungen oder Industrieanlagen. Das Baugesetzbuch erleichtert diese Vorhaben und immer mehr Projekte werden vom Parlament per Gesetz genehmigt, wobei die gerichtliche Anfechtung auf die höchste Instanz beschränkt ist. Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Urteilen die Bedeutung der UVP und die Folgen ihrer Unterlassung unterstrichen, einschließlich der Verhängung von Strafzahlungen. Nationale Gerichte behandeln die UVP jedoch oft nur als Verfahrensrecht und neigen dazu, sie zu umgehen. Insgesamt wird die UVP in der Praxis häufig unterlaufen und ein Bewusstseinswandel, der langfristige Umweltaspekte und die Aussagen des Gerichtshofs berü:cksichtigt, ist nicht erkennbar. Ob Bewegungen wie die „letzte Generation“ diesen Wandel befördern können, ist fraglich, auch wenn ihre Verzweiflung verständlich ist.
Abstract
Since the last EIA Conference, important court decisions have been made on environmental impact assessment (EIA). The Federal Constitutional Court emphasises that fundamental rights also include the protection of the environment for future generations and thus makes a direct reference to EIA. Despite these decisions, there is no recognisable positive trend for EIA. Instead, politically driven projects are being realised without EIA, such as LNG terminals, maximum tension power lines or industrial plants. The Federal Building Code facilitates these projects and more and more projects are being authorised by Federal Parliament by law, with legal challenges limited to the highest instance. In several judgements, the European Court of Justice has emphasised the importance of EIA and the consequences of failing to carry it out, including the imposition of financial penalties. However, national courts often treat EIA merely as procedural law and tend to circumvent it. Overall, EIA is often undermined in practice and there is no sign of a change in mindset that takes long-term environmental considerations and the Court's statements into account. Whether movements such as the "last generation" can promote this change is questionable, even if their desperation is understandable.
Schlagworte
Deutschland; Projekt-Umweltverträglichkeitsprüfung; Rechtsprechung; Umweltrecht; Europarecht; Bundesrecht
Keywords
Germany; Environmental impact assessment; Jurisdiction; Environmental law; European law; Federal law
Online veröffentlicht Published online: 11/06/2025